Warum es so wenig Frauen im Ehrenamt gibt

Ehrenamtliche Mitarbeiter sind in vielen Bereichen in unserer Gesellschaft sehr wichtig. Das gilt insbesondere für Sportvereine. Gerade im Bereich des Breitensports würde es ohne den Einsatz vieler Ehrenamtler nicht gehen. Wir haben an dieser Stelle einmal beispielhaft einige Zahlen aus Nordrhein-Westfalen (NRW) als bevölkerungsreichstem Bundesland gesammelt.

Entsprechend den Informationen von Sportehrenamt.de gibt es allein in NRW mehr als 5 Millionen Mitglieder in Sportvereinen. Davon beteiligen sich rund 1,4 Millionen Vereinsmitglieder ehrenamtlich an der Vereinsarbeit. Das allein ist schon eine ganze Menge. Doch die Statistik geht noch weiter. Im nächsten Schritt wurden die Mitarbeiter/innen im Ehrenamt nach Geschlechtern unterteilt. Das ergab, dass lediglich 30 Prozent der Ehrenamtler in NRW Frauen und Mädchen sind – die restlichen 70 Prozent sind Männer.

Tatsächlich sind diese Zahlen nicht ganz repräsentativ. Der Deutsche Frauenrat zeigte in einem Positionspapier zum Thema der Rolle der Frau im Ehrenamt auf, dass von allen ehrenamtlichen Positionen in Deutschland gut 41 Prozent von Frauen besetzt werden. Die 30 Prozent in NRW sind allerdings für Sportvereine durchaus ein realistischer Wert – auch deutschlandweit betrachtet. Doch woran genau liegt das?

Übersicht

Weniger Frauen im Ehrenamt – wir gehen auf Spurensuche

Das Rollenverständnis der Geschlechter hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Das zeigt zum Beispiel der Umstand, dass immer mehr Frauen inzwischen auch als sogenannte Hauptverdienerin auftreten. Das bedeutet nichts anderes, als dass sie mehr Einkommen aus ihrer Tätigkeit erzielen als der Partner. In vielen Fällen ist es hier sogar so, dass der Mann bei der Familie zu Hause bleibt oder die Arbeitszeit reduziert, um Familie und Arbeit miteinander in Einklang bringen zu können, während die Frau in Vollzeit arbeitet.

Tatsächlich sollte das in einem aufgeklärten Land nichts Besonderes sein. Dennoch ist die Zahl der Hauptverdienerinnen in Deutschland immer noch deutlich niedriger als die Zahl der Hauptverdiener. Das liegt nicht nur daran, dass Männer ihre Frauen in eine gewisse Rolle drängen würden. Auch viele Frauen leben gern mit dem althergebrachten Bild einer Familie. Das Problem dabei: Da in vielen Berufen noch immer eine ungleiche Bezahlung zwischen Mann und Frau besteht, hat nicht jede Familie die Chance, hier frei zu wählen.

Wenn der Mann von vornherein mehr verdient – obwohl er nicht unbedingt die bessere Ausbildung genossen oder einen „besseren“ Job hat – ist die Entscheidung für viele Familien, wer den Teilzeitjob nimmt und sich überwiegend um das Familienleben kümmert, fast schon vorprogrammiert. Die starke Einbindung der Frauen in die Aufgaben im Haushalt und die damit verbundene Verantwortung für die Familie sieht der Deutsche Frauenrat als einen Hauptgrund für die ungleiche Verteilung der Ehrenämter in Deutschland auf Mann und Frau.

Was sind die Hintergründe der Zahlenwerke?

Tatsächlich muss man hier allerdings etwas differenzierter ans Werk gehen. Betrachtet man noch einmal die Sportvereine in NRW, so stellt man schnell fest, dass von den 5 Millionen Vereinsmitgliedern „nur“ 2 Millionen Mädchen und Frauen sind. Die restlichen 3 Millionen sind Jungen und Männer.

Das mag verschiedene Ursachen haben – gerade im Mädchenalter spielt dabei aber die Verantwortung im eigenen Haushalt eher eine untergeordnete Rolle.

Bei der Betrachtung der nackten Zahlen ist es also auch logisch, dass bei mehr männlichen Vereinsmitgliedern auch mehr männliche Personen im Sportverein im Ehrenamt tätig sind. Doch was ist mit anderen Bereichen? Das Ehrenamt schließt in Deutschland deutlich mehr ein als nur das Engagement in Sportvereinen.

Auch wenn oft von Gleichberechtigung die Rede ist, ist diese noch lange nicht erreicht

Für diese Aussage gibt es eine Menge Belege. Da wären beispielsweise die Menschen, die es als besonders beachtenswert herausstellen, wenn eine Frau eben das Geld im Haus verdient und der Mann den Haushalt schmeißt. Das dabei in der Betrachtung von außen oft Formulierungen zu hören sind wie: „Du machst nur den Haushalt und kümmerst dich um die Kinder?“, zeigt, dass wir in Deutschland noch stark an unserem Rollenverständnis arbeiten müssen.

Letztlich muss es egal sein, wer von den beiden Partnern das meiste Geld verdient oder wer sich in der Hauptsache der Familie widmet. Die Tatsache, dass aus solchen Fragen ein großes Thema gemacht wird, zeigt das ganze Problem. Die Gleichberechtigung der Frau darf sich nicht nur in schönen Worten und in theoretischen Möglichkeiten zeigen. Sie muss zu einer alltäglichen Normalität werden. Nur dann kann von echter Gleichbehandlung die Rede sein.

Was hat das mit der Verteilung im Ehrenamt zu tun?

Eine ganze Menge. Denn da tatsächlich noch immer viele Frauen im Haushalt den Bärenanteil der Arbeit leisten, sind sie den ganzen Tag beschäftigt. 13,4 Stunden im Monat nimmt das Ehrenamt im Sportverein im Durchschnitt in Anspruch. Viel Zeit für jemanden, der von früh bis spät die Kinder erzieht, den Haushalt schmeißt und Taxi für den Nachwuchs spielt. Erst wenn hier eine „echte“ Gleichberechtigung Einzug gehalten hat, werden die Zahlen sich auch tatsächlich angleichen.